Polly |
Für meine über alles geliebte Polly!
Am Morgen des schweren Ganges sagtest du mir, dass du gehen wirst. Du bist in gebeugter Haltung, konntest deinen Kopf nicht mehr heben, die Wirbelsäule verbogen, an mir vorbei geschlichen, die Menschen, die deinen vermeintlichen Zwischenschritt als "niedlich" ansahen, konnten nicht sehen, wie du eigentlich leidest. Und wer hat deine kaputte Wirbelsäule dazu gemacht? Der Mensch, der dich früher als Straßenhündin jagte, mit Steinen nach dir warf, mit Knüppel auf dich eingeprügelte. Ich schäme mich unendlich, zu dieser Gattung zu gehören. Ich fand dich Anfang 2008 im Internet in einem Portal und war sofort hin und weg von dir. Obwohl ich dich persönlich nicht kannte, war ich so von dir angetan, dass ich um dich kämpfte. Damals lebte an meiner Seite noch der Janosch, an dessen Seite du leben solltest. Eine ganz tolle Organisation hat dir noch einmal im Alter einen Schritt ins LEBEN ermöglicht, solltest nicht dein Leben in der Lida beenden müssen. So lernte ich dich kennen und du zogst im März 2008 zu mir und unserem Janosch. Leider wusste ich nur, dass du taub warst. Für mich kein Hindernis. Keiner konnte ahnen, dass du zudem total traumatisiert und eine Angstbeißerin warst. Und: Du hattest panische Angst vor Männern. Es war mir egal, was an Krankheitsbildern noch auf dich zukam, ob Inkontinenz, Hals-Wirbel-Syndrom, mittlerweile Cushing, mein Herz hatte sich für dich unendlich geöffnet und ich lebte in bedingungsloser Liebe zu dir. Ich ließ dich gewähren, zeigte dir Liebe und dass du wieder Vertrauen finden konntest. Und das schönste Geschenk bekam ich von dir: Zwei Jahre intensiver Kampf in Geduld und Liebe, dann machtest du deine Seele zu mir auf und schenktest mir dein Vertrauen. Die letzten Monate dann verschlechterte sich dein Gesundheitszustand massiv. Du brachst zusammen, Zitteranfälle, deine Muskeln machten nicht mehr mit, der Schließmuskel der Blase versagte. Und doch kämpfte ich noch an vorderster Front, wollte die Hoffnung nicht aufgeben. Nach ganz heftiger Verschlechterung dann habe ich mich dazu entschieden, obwohl ich noch am hadern war, dass ich dich in Würde gehen lassen wollte. Und als du vor mir standest unter verkrampfter Haltung, wusste ich, es geht nicht mehr... Liebe Polly, weil ich dich liebe, gebe ich dich nun wieder her! Du wirst für immer tief in meinem Herzen weiterleben... Du warst etwas ganz besonderes für mich. Eine zerbrechliche Seele voller Liebe, Weisheit und Lebenserfahrung. Deine Judith |