Luna
Leb wohl Luna…

Ich war nicht darauf vorbereitet. Nie im Leben hätte ich daran gedacht, dass so etwas passieren könnte. Und nun ist es passiert. Vor einiger Zeit noch habe ich meinem Mann vorgeworfen, er könne seine Kraft nicht aus mir ziehen, er muss lernen seine Kraft aus sich selber zu ziehen und nun erkenne ich, dass ich meine Kraft aus meinem Hund gezogen habe. Meine Luna war immer mein Rettungsanker, in jeder erdenklichen Situation. Und ich der Ihre. Ich weiß ich war ihr ein und alles, sie hat mich geliebt. Bedingungslos. Ich war das allerwichtigste für sie. Wenn sie bei mir war, war ihre Welt in Ordnung. Und meine Welt auch.

Vor 4 Jahren ist mein Samson gestorben. Er war alt und müde, hatte ein schönes Hundeleben und ist friedlich in seinem Korb eingeschlafen. Das war in Ordnung für mich, Tod gehört zum Leben. Alles normal. Gestern Abend hat mein Mann zu mir die gleichen Worte gesagt, aber dieses mal verstehe ich sie nicht. Gestern Mittag war mein Leben noch in Ordnung, ich war glücklich. Ich hatte ein schönes Leben, bis ich die Hupe des Zuges hörte und danach die Stille. So oft habe ich geträumt, dass Luna wegläuft und ich schreie und rufe und sie kam nicht. Schweißgebadet bin ich dann aufgewacht und da lag sie ruhig atmend neben mir in ihrem Korb. Ich habe sie gestreichelt, meine Wange an ihre Schnauze gelegt, an ihrem Hals gerochen und bin dabei ganz ruhig geworden. Gestern war es anders, ich bin nicht mehr aufgewacht. Es war so still, ich bin nur durch das Dickicht auf die Gleise um mich zu überzeugen, dass alles in Ordnung ist, dass sie gleich irgendwo aus einem Gebüsch auftaucht. Aber dann hab ich sie gesehen, ca. 10 m vor mir. Zwischen den Gleisen. Die Augen starr, ein Hinterlauf fehlte und Blut lief aus Maul und Ohren. Panisch habe ich sie gepackt und von den Gleisen gezogen, bevor der nächste Zug kommt. Dann bin ich neben den Gleisen gesessen und habe sie gehalten und geschrien. Geschrien vor Schmerz und dem Bewusstsein, dass dies unwiderruflich ist. Dass das Glück, das ich noch vor wenigen Minuten fühlte unwiederbringlich vorbei war, als ich sie rief als sie Enten jagen wollte, kam sie aufs Wort, stand schwanzwedelnd vor mir, als ob sie sagen wollte: ich bin ganz brav. Wann ist sie ins Gebüsch gelaufen, warum ist sie weitergelaufen, als ich sie rief. Ich rief immer lauter und immer fester. Dann wieder lieb und betteln. Sie muss auf dem Weg zu mir zurück gewesen sein um sich dann vor mir schuldbewusst auf den Boden zu schmeißen und um Verzeihung zu betteln. Sie muss gerade von den Gleisen heruntergewollt haben, als der Zug um die Kurve kam. Er hat gehupt, 3 x, dann war Stille. Ich weiß nicht wie lange ich so dasaß, irgendwann habe ich meinen Mann und meine Eltern angerufen. Meine Eltern haben mich dann geholt. Zuhause haben wir sie in ihre Lieblingsdecke gehüllt auf den Terrassentisch gelegt. Ich bin noch stundenlang dagesessen und habe sie gestreichelt. Ich konnte nicht weggehen. Ich hatte das Gefühl, wenn ich jetzt weggehe, dann gebe ich sie auf und ich wollte sie noch nicht aufgeben. Als es schon dunkel war und mein Mann kam, hat er mich mit hineingenommen. Er hat mir gesagt, dass es nicht mein Schicksal war Luna zu verlieren, sondern Luna´s Schicksal früh zu sterben. Sie wäre beinahe in Sardinien gestorben, wurde aber von Mitarbeitern von respekTiere gerettet und nach Deutschland gebracht.

Als ich Luna das erste Mal gesehen habe, lag sie in der Abendsonne vor dem Haus ihrer Pflegestation. Ich bin hineingegangen, habe mich hinuntergebeugt und ihr sanft über den Kopf gestreichelt. Sie hat mich ganz vorsichtig an meiner Nase beschnuppert. Ich war dort um mir ihre Welpen anzusehen. 10 Stück, einer süßer als der andere. Aber nachdem ich 2 x dort war, wusste ich, dass Luna mein Hund sein wird und kein Anderer. Ich bin öfters hingefahren und mit ihr Gassi gegangen. Was erstaunlich war, dass sie mit mir mitging. Sie war sehr scheu und misstrauisch allen Menschen gegenüber. Als ich wieder einmal da war und nach einem ausführlichen Spaziergang nach Hause fuhr, rief mich die „Pflegemutter“ an und hat mir mitgeteilt, dass ich sie das nächste Mal schon mitnehmen könne, da sie immer so leidet wenn ich wieder gehe.

Das war der Beginn einer wunderschönen Freundschaft, vielen wunderschönen Tagen, viel Sonne, viel Freude. Wenn ich mittags von der Arbeit heimkam, und sie mein Auto hörte, jaulte sie so laut vor lauter Freude, dass die ganze Nachbarschaft wusste, dass ich heimgekommen war. Wenn ich mich zum Gassigehen umzog, sprang sie wie eine Wilde umher und jaulte und bellte vor Freude, jeden einzelnen Tag. Sie liebte es durchs hohe Gras oder durch den Schnee zu laufen und überschlug sich vor lauter Lebensfreude und bellte übermütig.

Sie war meine Freundin, mein Kamerad, mein Licht in der Nacht, mein Schatten in der Sonne, die Sonne in meinem Leben.

Ich bin dankbar, dass ich diese wunderschönen 4 Jahre mit dir hatte. Leb wohl Luna, ich werde dich nie vergessen.