Tony

 

Tony – es tut uns leid!

Eine scheinbar abgedroschene Aussage aber die einzige, die uns zu sagen bleibt, immer wieder und immer wieder: Es tut uns so leid!

Tony, seit fast zwei Jahren im Rifugio, hat dort nur augenscheinlich vierbeinige und zweibeinige Freunde gefunden. Tony war letztlich in dieser langen Zeit ganz alleine, in seinem Innersten. Er war einer der Hunde, die sich an das Leben im Rifugio nicht gewöhnt haben, er hat bis zu seinem letzten Tag die Hoffnung auf ein Leben in einer Familie nicht aufgegeben, das war in seinen Augen zu sehen. Tony, der im Alter von ca. 4 Jahren durch eine spanische Touristin aus Palau ins Rifugio gebracht wurde, hatten einen langen, harten Weg vor sich, der nicht zum happy end geführt hat sondern über die Regenbogenbrücke, über die er ganz alleine am vergangenen Mittwoch gegangen ist…

Bei Tony wurden relativ schnell epileptische Anfälle festgestellt, sodass er die Anfangszeit im Rifugio immer alleine gehalten wurde, um ihn keiner Gefahr auszusetzen, wenn er in einer größeren Gruppe von Hunden unbeaufsichtigt einen Anfall haben sollte. Diese Isolation war furchtbar. Bald hatte man diese Anfälle aber medikamentös im Griff, sodass Tony immer  -vorzugsweise mit Weibchen- vergesellschaftet werden konnte. Die Entwicklung war aber immer die gleiche: die Weibchen wurden nach relativ kurzer Zeit vermittelt, reisten aus, ließen Tony in völliger Einsamkeit und mit einem großen Trennungsschmerz zurück. Bis heute verstehen wir nicht, warum sich niemand für den sanften, bildschönen, braunen Rüden interessiert hat. Er war zu alt für diejenigen, die Welpen und Junghunde aufnehmen möchten, aber zu jung, für die, die mit einer Adoption allem voran ein gutes Werk tun möchten, sich für alte, kranke oder behinderte Hunde interessieren. Der „klassische“ Hund in der Mitte des Lebens, die leider die geringsten Vermittlungschancen haben. Wie oft hatten wir mit neuen Fotos und Videos versucht, seine Sehnsucht, seine Traurigkeit und seine Liebenswürdigkeit einzufangen, den Blick seiner Augen…..für die Welt „da draußen“ aber es ist uns nicht gelungen, das in Bildern oder Texten zu transportieren, was dieser Hund bereit war zu geben.

Ein Leben im Rifugio ist nicht nur eine seelische Herausforderung, es stellt auch höchste Ansprüche an das Immunsystem. Ein Leben in ständigen Extremen der Witterung, heiße Sommer mit bis zu 40Grad Hitze, tagelange Stürme oder monatelange Nässe und Kälte und dazu ein zwar passioniertes Pflegerteam aber immer am Rande der Überlastung und niemals mit ausreichend Zeit für jedes Tier.  Auch bei Tony hat dieses Leben körperlich Spuren hinterlassen. Trotz präventiver Maßnahmen erkrankte er an Anämie durch Zecken, mehrmals und letztlich wurde zusätzlich eine Anämie durch Flöhe diagnostiziert, das Immunsystem war so schwach, dass die Kapillaren an den Ohren durch einfaches Schütteln des Kopfes platzten und riesigen Hämatome bildeten, die bei einem Ohr operativ geöffnet wurden. All dies war zuviel für Tony. Im Rifugio konnte man ihm nicht mehr helfen, so wurde er stationär aufgenommen, unzähligen Diagnosen und Therapien unterzogen, letztlich sogar eine Bluttransfusion. Der Körper von Tony konnte aber nicht mehr und wir befürchten, auch seine Seele nicht mehr. Er ist am Mittwoch ganz alleine gestorben, in der Tierklinik, ohne eine tröstende Hand oder tröstende Worte. Hinter ihm liegt ein Leben voller Entbehrungen, voller Einsamkeit und Traurigkeit und letztlich eine medizinische Tortur. Kein Tod hat unser gesamtes Team in Deutschland und auf Sardinien so getroffen wie der von Tony.

Es ist deutlicher geworden als je zuvor, dass es keine Zukunft im Rifugio gibt ohne ausreichendes Personal, welches auf ehrenamtlicher Basis nicht zu finden ist. Wir haben ein Rifugio gebaut, welches seines gleichen sucht, wir setzen alle Spenden zweckbezogen ein und schaffen es, ausreichend Medizin, Futter, Hilfsgüter aller Art bereit zu stellen aber wir haben es bisher nicht geschafft, das Wichtigste zu garantieren: Pfleger, die jedes Tier einmal am Tag kontrollieren können und ihm gerecht werden. Alle Hilfsappelle im Laufe der vielen Jahre, die um Spenden warben für die Bezahlung von ausreichend Personal, blieben ungehört. Niemand will für die Ausübung einer Tätigkeit spenden, auch wenn diese  über Leben und Tod entscheidet, wie im Falle von Tony.

Er ist seine Reise angetreten und hat diese ungerechte und für ihn unbarmherzige Welt verlassen. Zurück bleibt Verbitterung und die Verantwortung, beides wird sich umwandeln in Motivation und Energie, nicht müde zu werden, für Tiere wie für Tony zu kämpfen. Bitte kämpfen Sie mit uns.

Tony, es tut uns leid, es tut uns unendlich leid!