Michom (10.02.2008) |
Michom (vermittelt 10.02.2008) Vorgeschichte: Am 28.11.07 starb unser Labradormischlingsrüde Balu. Wir vermissten ihn sehr. Wir, das sind Herrchen, Frauchen, unsere alte Mischlingshündin INKA aus Spanien (hatte sie doch mit ihrem Balu 10 Jahre zusammengelebt) und EMILY (eine Cao Castro de Laboreiro-Hündin aus Portugal, die seit 4 Jahren bei uns lebt). Alle Zwei- und Vierbeiner ließen die Köpfe hängen. Sogar die Kaninchen saßen morgens irritiert an der Stalltür, vermissten sie doch ihren Cheffütterer, der ihnen morgens mit einem dicken Schmatz durchs Gesicht schlappte. Auch die Katzen vermissten den zärtlichen Stupser. Zwischen dem 5. u. 10. Januar 2008 surfte Herrchen im Internet die ganzen Tierschutzorganisationen durch und präsentierte Frauchen einen ganzen Haufen gefundener Hunde (macht der Kerl immer so, und das ist gut so!). Frauchens Augenmerk fiel auf ANTARES, über den in einem Forum geschrieben wurde und der schon auf einer Pflegestelle von respekTiere in Deutschland leben sollte. Und hier spricht LINO: Und hier beginnt meine Geschichte, obwohl ich nie Antares hieß und ich noch im Rifugio in Olbia auf Sardinien lebte: Ich schreibe diese Geschichte in erster Linie für meine weit über 500 Kumpels, die noch im Tierheim auf Sardinien sitzen (obwohl mir einige übel mitgespielt haben!). Aber auch an alle Zweibeiner. Meine Geschichte erzählt eine außergewöhnliche Reise, die von Zufall, Schicksal, Fügung, Glück, Erschrockenheit, Herzlichkeit, Leid, Ohnmacht und Bewunderung erzählt. Oder ist es nur eine Geschichte, die das Leben schrieb? Neugierig geworden? Dann lasst mich mal erzählen! Also wie gesagt, mein Name ist LINO und nicht ANTARES. Antares, ein stattlicher Herdenschutzhundrüde, pferde-, ziegen- und katzenverträglich, traf mit seinem Blick mitten in Frauchens Herz. Herrchen hielt erwartungsvoll den Hörer hin, Frauchen griff zu. Puh, der Stein kam ins Rollen. „respektiere e.V. Karin Loebnitz am Apparat“. Frauchen bekundete ihr Interesse an ANTARES. Der Glückspilz hatte jedoch schon vor Monaten ein Zuhause gefunden (manchmal werden Tiere einfach in allen möglichen Foren vorgestellt, auf die respekTiere keinen Einfluss hat, und dann passiert so etwas schon mal), bei Pferden, Ziegen, Katzen halt. Macht ja auch einen superguten Eindruck, wenn man sich mit anderen Tieren verträgt! Oh, da stand Frauchen nun. Frau Loebnitz fragte, was sie denn suche. Frauchen berichtete von zwei tollen Puppen, aber halt ohne Kerl, 15 Kaninchen, 2 Katzen und Meerschweinchen. Die Damen kamen ins Gespräch. Frau Loebnitz berichtete von einem Notfall auf Sardinien, „Michom“, ein Rüde, der immer wieder von anderen Rüden zusammengebissen wird. Der zu seinem eigenen Schutz, nachdem er wieder mal zusammengeflickt wurde, tageweise in einer Box (echt eng, sag ich euch) sitzen muss, weil er in den großen Gehegen nicht klar kam. Er müsste dringend aus dem Rifugio raus, vielleicht käme er ja in Frage. Herrchen und Frauen gingen auf die Internetseite. Und da, Michoms Blick (also meiner) traf mitten ins Herz, und seine Geschichte war ja auch schrecklich. Sie beschlossen, „bei unseren verträglichen Hündinnen kommt er bestimmt zurecht“ und so war die Entscheidung gefallen, BINGO! Es wurde wieder Frau Loebnitz angerufen. Michom konnte ausreisefertig gemacht werden (Mittelmeercheck, chippen, impfen und entwurmen; Dauer ca. 10 Tage). Dann müsste man warten, bis ein freier Flugboxplatz gebucht werden kann (Plätze sind begrenzt) und dann braucht man auch noch einen Flugpaten, um die Formalitäten beim Flug zu erledigen. Oh, das dauert ja noch ewig! Herrchen beschloss spontan, selbst mitzufliegen. Frau Loebnitz organisierte alles! DANKE! Dann kam schon mal das Laborergebnis vom Mittelmeercheck: Ehrlichiose positiv! Frau Loebnitz fragte an, ob das ein Problem sei. Nein, das ist kein Problem (Ehrlichiose kann man nämlich erfolgreich mit einem Antibiotikum behandeln), außerdem hatten Herrchen und Frauchen sich entschieden, und ab diesem Zeitpunkt gehörte Michom (also ich!) zu ihnen. Dadurch, dass Herrchen selbst mitflog, wurde die Wartezeit enorm verkürzt. Dann wurde eine ganz lange Liste italienischer Namen angelegt. Und Herrchen flog. Samstag Abflug Köln, Sonntag Ankunft Frankfurt (Impressionen zu dieser Reise stehen bereits auf der Homepage von respekTiere e.V.). Anruf aus Sardinien „ ich stehe vor ihm, er guckt wie Balu … („Quatsch, kein Hund guckt wie Balu“, war die Antwort von Frauchen!). Unzählige weiße Maremmano-Mischlinge und unserer ist der kleinste (so viel zum Thema ‚großer, starker Herdenschutzhund‘). Die ganzen männlichen Namen kannst du streichen!“ Sonntag, Ankunft am Flughafen Frankfurt. Herrchen kommt mit mir durch die Ausgangstür für Fluggäste. Die Tür geht auf und Frauchen fällt mir um den Hals. „Du heißt jetzt LINO! Du guckst ja wirklich wie Balu.“ (Hatte bei meiner Wahl etwa etwas Übernatürliches mitgespielt?). Ich, LINO, war noch ganz benebelt. Wir gingen durch die Menschenmengen nach draußen. Das Auto musste hergeholt werden. Dauerte eine ¾ Stunde, wir standen mitten im Autoverkehr. Ich ließ alles über mich ergehen. Dann kam ein Wagen (wieder mit einer großen Box), steuerte zielbewusst das absolute Halteverbot an. Eine Politesse kam gleichzeitig mit mir am Auto an. Frauchen murmelte, „na Bravo“. Die Politesse fragte „ Oh, was ist mit dem“? Frauchen antwortete „das ist unser neuer Hund, er kommt grad aus Sardinien, er ist noch ein bisschen benebelt:“ Da freute sich die Politesse und wünschte mir viel Glück. Wir fuhren noch 2 ½ Stunden. Dann brachten sie mich, samt Box in meinem Garten. Und da geschah das Wunder! Ich war in einer anderen Welt. Hier war alles grün, und der Boden war ganz weich beim Laufen, die Sträucher dufteten gut und es gab viele Bäume. Es war alles so aufregend, dass ich gar nicht bemerkte, dass nach einiger Zeit zwei Hündinnen mit mir im Garten waren. Einen kleinen Augenblick haben wir uns kurz begrüßt. Doch dafür hatte ich nun wirklich keine Zeit. Ich musste meinen Garten (ich habe gehört, er soll so ca. 5000 qm groß sein) markieren. Den Menschen wurde kalt, sie gingen ins Haus. Vorsichtshalber ging ich mal mit. Herrchen erzählte in der Küche von seiner Reise. Ich hörte eine Weile zu, doch dann kippte mein Kopf um, und ich schlief vor der Spülmaschine ein. Am nächsten Morgen wachte ich auf einem schönen weichen Kissen im Wohnzimmer auf. Und ich hatte nicht geträumt. Vorsichtig schaute ich aus dem Fenster, es war alles noch da. Ich bekam zu Fressen, die beiden tollen Hundepuppen auch, und sie bedrängten mich nicht. Ich hatte einen ganzen Napf für mich alleine! Eine Zeitlang hat es schon gedauert, bis ich kapiert habe, dass ich nicht verduften muss, wenn die Hundedamen mich anguckten oder sich auf mich zu bewegten. Mein Napf ist mein Napf! Wir gingen raus in den Garten, dort traf ich auf die Langohren, auf Tiere, die man Katzen nennt, und Meerschweinchen, die so komisch quieken, auch Rebhühner traf ich. Tja, Antares, auch ich bin cool bei anderen Tieren und krümme ihnen kein Haar! Wie das Schicksal so spielt, bin ich genau der richtige Hund für meine neue Familie, für meine Lebensgefährtinnen INKA und EMILY und alle anderen Tiere. Jeden Morgen und jeden Abend versehe ich mit meiner Freundin INKA den Futterdienst bei den anderen Tieren. EMILY bewacht derweil das Grundstück und wehe, es ist was, dann bin ich sofort zur Stelle (mache ich seit dem 5. Tag in meiner neuen Heimat!). Denn auch ich bin jetzt ein selbstbewusster Herdenschutzhund. Wir bekommen auch viel Besuch, lauter nette Menschen. Bei Frauen freue ich mich sofort, bei Männern bin ich erstmal vorsichtig. Klasse ist, wenn der Besuch auch noch Hundedamen mitbringt. Da bin ich immer ganz nett, nur Rüden, die kann ich aufgrund meiner Vorgeschichte gar nicht leiden. Wenn die an unseren Zaun kommen, fletsche ich ganz doll die Zähne. Mittlerweile üben wir jetzt fürs Spazierengehen (auch so ein Wort, dessen Bedeutung ich noch nicht kenne). Frauchen sagt, das ist wichtig, dafür muss ich aber „hören lernen“. Aber ich höre doch immer, ich weiß doch, dass ich LINO heiße, ich weiß nur nicht immer, was ich machen soll. Aber eins weiß ich: Mir geht es gut! Ein Wort noch an euch Zweibeiner: Solltet ihr einen Hund suchen, schaut doch bei www.respektiere.com rein. Meine über 500 Schicksalsgefährten auf Sardinien leben immer noch auf Beton und Lehm. Und manchmal ist es nicht die Liebe auf den ersten Blick, sondern auf den zweiten. Lasst dem Schicksal seinen Lauf. Sucht doch einfach euren Hund mit dem Herzen, und ihr werdet ihn finden. Und ist er nicht gleich so, wie ihr wollt, gebt ihm Zeit und Geduld. Denn wir haben Schlimmes erlebt. Euer LINO P.S. Ich bedanke mich besonders bei Frau und Herrn Loebnitz und bei Frau Schaumburg, die unermüdlich für uns im Einsatz sind und für die ungewöhnliche Art und Weise, wie ihr mein Herrchen zu mir gebracht habt und ihm damit eine Sichtweise für unser Schicksal ermöglicht habt, die er vorher sich nicht hätte vorstellen können. |